Kuniberts Luongo-Begegnung in Vancouver
Immer wieder traten Leute an den Tisch, der ein paar Meter von Kunibert entfernt in der rustikal eingerichteten Sportsbar stand. Der muskulösere der beiden Typen, der sein langes schwarzer Haar zurückgekämmt und zu einem kurzen Zopf zusammengebunden hatte, wurde immer wieder angesprochen – von Männern, Frauen und Kindern. Mit einem freundlichen Lächeln jedoch wehrte er ab, was sich die Leute von ihm wünschten.
„He looks like Lou.“ Ein älterer Herr mit tief ins Gesicht gezogener Cappie hatte sich zu Kunibert an die Bar gesetzt.
„Lou?“
„You don’t know Lou?” Das blaue Cappie mit einem aufgestickten V hob sich ob der gerunzelten Stirn seines Gegenübers. „Roberto Luongo, our Goalie. He’s a class guy.“
Da dämmerte es Kunibert. Es konnte nur um das heimische Eishockey-Team gehen. Die Kanadier liebten ihren Sport, soviel hatte er schon vor seine Ankunft gelernt. Sandro hatte ihn auf die Idee mit dieser Reise gebracht, denn nicht die USA, sagte er immer, sondern Kanada sei das wahre Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und da Kunibert eh noch zu viel Resturlaub, etwas Geld und jede Menge unnötige Zeit übrig hatte, hatte er sich spontan ins Flugzeug gesetzt.
„He looks like him, but he isn’t“, setzte der ältere Herr wieder an und deutete zum Tisch. „Lou is the best goalie we’ve ever seen in Vancouver.”
„Yes, yes“, sagte Kunibert nur. Ihm fiel weder auf Deutsch noch auf Englisch eine bessere Antwort ein. Immerhin hatte er es trotz seiner Flugangst über den großen Ozean geschafft, saß nun aber wieder auf einem Barhocker an einem Tresen und begutachtete das Bier, das vor ihm stand. Schließlich musste er sich mit der kanadischen Kultur vertraut machen, dachte er.
„But his contract sucks“, schob sein Sitznachbar nach und nahm sein Cappie ab.
Der Einheimische, der sich als Ron vorstellte, erzählte, dass Luongo in seiner besten Zeit mit bereits stattlichen 31 Jahren einen langen Vertrag unterschrieben habe. „Twelve years“, rief er und versuchte die Zahl mit seinen beiden Händen zu verdeutlichen. „Sixty-four Million Dollars!“ Aber dann sei er gestruggled und Kunibert kombinierte, dass dies wohl etwas weniger Gutes sei.
„They blamed him for their bad season and punished him for his contract.” Der Ersatztorwartwart wurde zur Nummer Eins gemacht und Luongo öffentlich zur Schau gestellt. „But he’s a class guy. He stayed quiet and made his job as a number two looking forward to end up somewhere else.”
Jeder Fan hätte ihm einen würdigen Abgang und einen anderen guten Verein gewünscht. „Louuuuuuu“, imitierte der ältere Herr, wie sie in der heimischen Arena seinen langgezogenen Spitznamen bei jeder seiner zahlreichen Paraden gerufen hatten. „To see Lou not in a Canucks jersey would suck! But no team wanted him with his contract they had to take, either.” Am Ende werde also eher das aufstrebende Torwartalent billig verscherbelt und Luongo wieder zur Nummer Eins gemacht
„The Management just said, Luongo is professional. He will do his job as number one, again. And they are right: He will.” Und das after mistrusting and blaming him, hörte Kunibert noch und dann ergänzte der ältere Herr, der sich sein blaues Cappie wieder auf den Kopf schob: „It’s not only because he’s professional. It’s because he has something this management don’t have: It’s class.“